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Ambulante Suchtrehabilitation: ein evaluiertes Modell

Systeme im System

Die innerfamiliären Suchtdynamiken zu kennen, stellt einen Bereich des notwendigen professionellen Wissens für die Familien- und Systemaufstellungen mit süchtigen Menschen dar. Wir beschreiben hier Erfahrungen aus der Zeit seit 2007, also von inzwischen über zwölf Jahren.

 

Das Caritas-Suchtzentrum Mitte (Berlin) integrierte Aufstellungen in das Konzept und im Laufe der Zeit wurde die Nutzung von Systemaufstellungen immer differenzierter. Bald wurden die Vor- und Nachbereitung erweitert und intensiviert; die verschiedenen Schritte wurden umfangreicher dokumentiert. Die Erfahrungen und Wirkungen der Aufstellungsarbeit wurden regelmäßig miteinander reflektiert und die Rückmeldungen der Patienten (Rehabilitanden) waren wichtige Hinweise für die weiteren Seminare.

 

Die Erwartungen der Autorengruppe an die Lesenden bestehen darin, dass unser Beitrag dazu beiträgt, dass Institutionen ihre Behandlungskonzeptionen um die systemischen Perspektiven und systemisch angelegten Handlungsschritte erweitern. 

 

Wir erleben, dass alle Aktivitäten, die mit den Aufstellungsseminaren verbunden sind, die Gesamtheit des Hauses stärkt. Das Haus an sich bietet, im Sinne der Begleitung von Menschen mit traumatischen Erfahrungen, Sicherheit und eine tragende Umgebung für Menschen, die sich in ihrer Krise hierher gewandt haben und ihre Schritte zur Verbesserung ihrer Lebenslage gehen lernen.

 

Die Familienaufstellungen, so, wie wir sie realisieren, passen gut zum Behand-lungsansatz der ambulanten (wie auch der stationären) Suchtrehabilitation. Das seit zwölf Jahren verwirklichte Modell im Caritas Suchtzentrum Mitte (Berlin) ist übertragbar auf andere Indikationen der Rehabilitation, wie z. B. die psycho-somatische Rehabilitation. Es ist ausgewiesen tiefenpsychologisch orientiert und umfasst ganzheitliche Aspekte der Suchtmittelabhängigkeit und der nichtstoff-gebundenen Süchte in einer Weise, die den Menschen in seiner Individualität und Eingebundenheit in das soziale Umfeld zulassen und für die Neuausrichtung in Verbindung mit einer nachhaltigen Abstinenz wirksam werden.

 

Die positive, auf den Menschen bezogene und jederzeit erlebbare Qualität im Hause des Suchtzentrums lädt die Betroffenen und ihre Angehörigen ein, sich den herausfordernden Themen und Aufgaben (»Wie kann ich die Sucht überwinden und besser weiterleben?«, »Was kann ich als Angehöriger dazu beitragen?«) zu stellen, Mut zu schöpfen und weiterzumachen.

 

Wie das Gesamtprogramm und das Teilangebot »Systemaufstellungen« miteinander verbunden sind und wie alle Beteiligten davon profitieren, zeigen unsere gemeinsamen Erfahrungen …

 Nach repräsen­tativen Studien rauchen zwölf Millionen Menschen, 1,6 Millionen Menschen sind alkohol­abhängig.

 

Schätzungen legen nahe, dass 2,3 Millionen Menschen von Medika­menten abhängig sind, darunter sehr viele Menschen aufgrund dauerhaft von Ärzten verordneter Psycho­pharmaka.

 

Rund 600.000 Menschen weisen einen proble­matischen Konsum von Cannabis und anderen illegalen Drogen auf und gut 500.000 Menschen zeigen ein problema­tisches oder sogar patholo­gisches Glücks­spiel­verhalten.

 

Auch eine exzessive Internet­nutzung kann zu abhän­gigem Verhalten führen: Es ist davon auszu­gehen, dass in Deutschland etwa 560.000 Menschen online­abhängig sind. 

 

In Deutschland werden jedes Jahr etwa 10.000 Neu­geborene mit Alkohol­schäden zur Welt gebracht. Von diesen Kindern zeigten etwa 4.000 das Vollbild des Fetalen Alkohol­syndroms. Sie sind in der Regel ein Leben lang körper­lich und geistig schwer­behindert …

Unser Beitrag ist erschie­nen in dem Buch "Praxis der System­aufstellung, Aufstellungen im Arbeits­kontext", Vandenhoeck Verlag, 2020